Wiki

Aus Technische Daten

Wechseln zu: Navigation, Suche

Ein Wiki (Hawaiisch für „schnell“[1]), seltener auch WikiWiki oder WikiWeb genannt, ist eine Software und Sammlung von Webseiten, die von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern meist auch direkt online geändert werden können. Wikis ermöglichen es verschiedenen Autoren, gemeinschaftlich an Texten zu arbeiten. Ziel eines Wikis ist es im Allgemeinen, die Erfahrung und den Wissensschatz der Autoren kollaborativ in Texten auszudrücken.

Geschichte

Erste Wikis entstanden als Wissensverwaltungswerkzeuge von Software-Architekten im Rahmen der Entwurfsmuster-Theorie. Das erste Wiki, WikiWikiWeb genannt, wurde vom US-amerikanischen Softwareautor Ward Cunningham ab 1994 entwickelt und 1995 übers Internet verfügbar gemacht. Das Wiki basierte auf Ideen aus HyperCard-Systemen, die in den späten 1980er Jahren entwickelt wurden.[2][3][4]

Den Namen wählte Cunningham, da er bei der Ankunft am Flughafen auf Hawaii die Bezeichnung Wiki Wiki für den dortigen Shuttlebus kennengelernt hatte. Dabei übernahm er die Verdoppelung, die im Hawaiischen für eine Steigerung („sehr schnell“) steht. Cunningham betrachtet Wiki weiterhin als eine Abkürzung für den eigentlichen Namen WikiWikiWeb.[5]

Das Konzept von Wikis ähnelt dem, was sich Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, um 1990 ursprünglich unter selbigem vorstellte. Die Informationen sollten am privaten Rechner verfügbar und sofort bearbeitbar sein. In historischer Perspektive beschreibt er dies in seinem Buch „Weaving The Web“ (deutsche Lehnübertragung „Der Web-Report“).[6]. Wikis sind typische Beispiele für das so genannte Web 2.0, welches neue Aspekte in Interaktion und Sozialkompetenz eröffnet.

Konzeption

Wesentlich bei der meisten Wiki-Software, darunter das in der Wikipedia selbst eingesetzte MediaWiki und das oft in Unternehmens-Intranets verwendete TWiki, ist die Versionsverwaltung, die es den Benutzern im Fall von Fehlern oder Vandalismus erlaubt, eine frühere Version einer Seite wiederherzustellen. Wie bei Hypertexten üblich, sind die einzelnen Seiten eines Wikis durch Querverweise (Hyperlinks) miteinander verbunden; zur Vernetzung von verschiedenen Wikis dient das Konzept der InterWiki-Verweise.

Wikis gehören zu den Content-Management-Systemen, setzen aber auf die Philosophie des offenen Zugriffs, im Unterschied zu teils genau geregelten Arbeitsabläufen (workflow) von Redaktionssystemen.[7] Die Änderbarkeit der Seiten durch jedermann setzt eine ursprüngliche Idee des World Wide Web erstmals konsequent um und erfüllt weiterhin eine wesentliche Anforderung an soziale Software. Jedoch ist nicht jedes Wiki für alle lesbar oder schreibbar, es gibt auch Systeme, die Zugriffssteuerung für bestimmte Seiten und Benutzergruppen erlauben.

Weiterer wesentlicher Unterschied zu typischen Content-Management-Systemen ist, dass Wiki-Software weniger Wert legt auf ein differenziertes Layout der Webseiten.

Im weiteren Unterschied zu klassischen CMS sind Wikis dann sinnvoll, wenn eine hohe Anzahl an Nutzern Informationen einstellen. Ein Wiki entfaltet seine Wirkung daher meistens erst, wenn diese kritische Masse erreicht ist. In diesem Fall kann das Wiki zu einem „Selbstläufer“ werden.

Die meisten Systeme sind Freie Software, oft unter einer Version der GNU General Public License (GPL) lizenziert. Viele Wiki-Software Systeme sind modular aufgebaut und bieten eine eigene Programmierschnittstelle, welche dem Benutzer ermöglicht, eigene Erweiterungen zu schreiben, ohne den gesamten Quellcode zu kennen.

Wiki-Syntax

Um den Text lesbarer und gegliedert zu gestalten, gibt es meist Zeichenkombinationen, die dem markierten Text eine Formatvorlage zuweisen. Diese Auszeichnungen, meist englisch als „Tags“ bezeichnet, werden im Eingabefenster an entsprechender Stelle eingegeben. In der Wikipedia beispielsweise ergibt die Eingabe „ein kursives Wort“ die Ausgabe „ein kursives Wort“.

Die Gesamtheit dieser Tags wird als Wiki-Syntax bezeichnet und unterscheidet sich je nach verwendeter Wiki-Software. Allen Dialekten ist jedoch zu eigen, dass sie sehr viel einfacher aufgebaut sind als das historisch verbreitet im World Wide Web eingesetzte HTML. Diese Beschränkung auf das Wesentliche ermöglicht einer großen Gruppe von Menschen, insbesondere auch Computer-Laien, mit wenig Lern- und Schreibaufwand an diesem System teilzuhaben.

Anwendungen

Die ersten Wikis wurden Mitte der 1990er Jahre von Software-Designern zur Produktverwaltung in IT-Projekten entwickelt. Heute kommen Wikis in einer Vielzahl von Anwendungen zum Einsatz, bei denen inhaltliche Flexibilität mehr als Repräsentanz zählt. Dazu gehören Dokumentationen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.

Wissensmanagement

In der Wirtschaft dienen Wikis häufig zum Wissensmanagement, mit den Zielen, erhöhte Transparenz des vorhandenen Wissens herzustellen, Prozesse zu optimieren und Fehler zu vermeiden.

Hierbei ist ggfs. das Engagement der Mitarbeiter unverzichtbar. Der finanzielle Aufwand ist dagegen meist niedriger als bei herkömmlichen Systemen der Wissenskonservierung.[8]

Ein Haupteinsatzgebiet für Wikis im Wissensmanagement ist die Softwareentwicklung, was auf die thematische Nähe zurückzuführen ist [9]. Hier werden die Systeme etwa zur kollaborativen Erstellung von Dokumentationen, der Verwaltung von Softwarefehlern oder zum Austausch der Mitarbeiter eingesetzt. Insbesondere in open-source-Entwicklungsprojekten werden Wikis zur Koordination der Entwickler verwendet, etwa bei Apache oder OpenOffice.

Klassifizierung

Grundsätzlich können unternehmensinterne Wikis in zwei Gruppen eingeteilt werden[8]:

  • Unternehmens- bzw. Abteilungswikis versuchen das Wissen eines Unternehmens bzw. einer Abteilung zu erfassen.
  • Projektbezogene Wikis dagegen sind speziell auf ein einzelnes Projekt zugeschnitten.

Einige Wikis kombinieren beide Typen und ermöglichen die Einrichtung von sog. Spaces, um Projekte voneinander inhaltlich und benutzerrechtlich zu trennen.[10] Welche dieser Formen zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Kriterien ab:

  • Dauerhaftigkeit: Unternehmens- und Abteilungswikis bieten sich vor allem an, wenn es um Wissen geht, das langfristig konserviert werden soll. Projekte dagegen haben oft nur eine begrenzte Lebensdauer.
  • Interesse: Informationen aus einzelnen Projekten oder Abteilungen sind längst nicht für jeden Mitarbeiter interessant.
  • Geheimhaltung: Informationen sollen aus Geheimhaltungsgründen nur bestimmten Personen zugänglich gemacht werden (z. B. den Beteiligten an einem Projekt).

Desktop-Wikis

Einige Wiki-Engines sind nicht als Groupware zur Bedienung über das WWW, sondern zur persönlichen Informationsorganisation gedacht. Beispiele dafür sind AcroWiki für Palm OS, Tomboy und Zim Wiki für Linux, VoodooPad für Mac OS X, ConnectedText und Wikidpad für Windows, sowie TiddlyWiki, das client-seitig (ohne Server) als Javascript in jedem Browser läuft.

Große Wikis

Das weltgrößte Wiki ist die 2001 gegründete Wikipedia, eine freie Enzyklopädie. Ebenfalls bekannt ist das englischsprachige MeatballWiki, in dem unter anderem die Eigenarten und Gesetzmäßigkeiten von Online-Communitys diskutiert werden. Internationale musikbezogene Wikis sind z. B. die CPDL, das im Juli 2008 wiederbelebte IMSLP und das Liedtextverzeichnis LyricWiki.

Im deutschsprachigen Raum bekannte Wikis sind das Stadtwiki Karlsruhe (über 16.000 Artikel), das JuraWiki, die Reiseführer Wikivoyage und Wikitravel, die Wikipedia-Parodien Stupidedia und Kamelopedia sowie die Science-Fiction-Datenbanken Memory Alpha (Star Trek) und Perrypedia (Perry Rhodan).

Einzelnachweise

  1. Hawaiian Dictionary
  2. WikiHistory on c2.com
  3. Interview: Wikinewsie Kim Bruning discusses Wikimania on WikiNews
  4. Interview with Ward Cunningham on Google Video
  5. Correspondence on the Etymology of Wiki von Ward Cunningham
  6. Tim Berners-Lee, Mark Fischetti: Weaving the Web: The Original Design and Ultimate Destiny of the World Wide Web (dt. Der Web-Report. Der Schöpfer des World Wide Webs über das grenzenlose Potential des Internets. Aus dem Amerikanischen von Beate Majetschak. Econ, München 1999. ISBN 3-430-11468-3). Kapitel 1
  7. vgl. Richard Cyganiak: Wiki und WCMS: Ein Vergleich (PDF), S. 3
  8. 8,0 8,1 Konstantin Zurawski: Bieten an der Wissensbörse. In: bild der wissenschaft, 11/2007. Konradin Medien GmbH, Leinfelden-Echterdingen, 2007. ISSN 0006-2375.
  9. Ebersbach, Anja; Glaser, Markus; Heigl, Richard: WikiTools. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2005, ISBN 3-540-22939-6
  10. Das kommerzielle Wiki-Tool „Confluence“ von Atlassian (Einstufung des Anbieters als „Enterprise Wiki“) kombiniert Unternehmens- bzw. Abteilungswikis und projektbezogene Wikis: es ermöglicht die Einrichtung von sog. Spaces, um Projekte voneinander inhaltlich und benutzerrechtlich zu trennen. Der Zugriff ist auf Anonymous, Named User und User Groups mittels verschiedener Permissions steuerbar.

Literatur

  • Jérome Delacroix: Les wikis: espaces de l’intelligence collective, M2 Editions 2005, ISBN 2-9520514-4-5
  • Anja Ebersbach, Markus Glaser und Richard Heigl: WikiTools. Kooperation im Web, Springer 2005, ISBN 3-540-22939-6
  • Christian Eigner, Helmut Leitner, Peter Nauser: Online-Communities, Weblogs und die soziale Rückeroberung des Netzes, Nausser & Nausser 2003, ISBN 3-901402-37-3
  • Dave Johnson: Blogs, wikis and feeds in action, Manninng 2005, ISBN 1-932394-49-4
  • Jane Klobas: Wikis: Tools for Information Work and Collaboration, Chandos Publishing, Oxford 2006, ISBN 1-84334-178-6
  • Christoph Lange (Hrsg.): Wikis und Blogs – Planen, Einrichten, Verwalten, Computer- und Literaturverlag 2006, ISBN 3-936546-44-4
  • Bo Leuf & Ward Cunningham: The Wiki Way: Quick Collaboration on the Web, Addison-Wesley 2001, ISBN 0-201-71499-X
  • Erik Möller: Die heimliche Medienrevolution – Wie Weblogs, Wikis und freie Software die Welt verändern, Heise 2004, ISBN 3-936931-16-X
  • Monika Neumayer: Weblogs & Wikis - Aus dem Nähkastchen virtueller Vernetzung In: Schachtner, Christina (Hg.): Erfolgreich im Cyberspace. Handbuch virtuelle Frauen- und Mädchennetzwerke, Budrich, Opladen, ISBN 3-938094-40-0
  • Alexander Raabe: CSocial Software im Unternehmen. Wikis und Weblogs für Wissensmanagement und Kommunikation, VDM Müller Verlag 2007, ISBN 3-8364-1243-8
  • Andres Streiff: Wiki – Zusammenarbeit im Netz, BoD 2005, ISBN 3-8334-2641-1
  • Konstantin Zurawski: Bieten an der Wissensbörse, Bild der Wissenschaft 11/2007 S. 104ff., ISSN 0006-2375


Dieser Artikel steht unter Wiki in der freien Enzyklopädie Wikipedia und ist unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation lizenziert. Die Autoren-Historie ist dort einsehbar.